Bundesgerichtshof entscheidet zum Werkstattrisiko

Der Bundesgerichtshof hat in seinen beiden neuesten Entscheidungen zum Werkstattrisiko die Rechte des  Verkehrsunfall- Geschädigten auf vollständige Zahlung der Werkstattreparaturrechnung gestärkt, unabhängig davon ob die Haftpflichtversicherung des Schädigers Einwendungen gegen die Höhe der Werkstattrechnung erhebt.

Beim Werkstattrisiko geht es um die Frage, wer bei einer Unfallreparatur in einer Werkstatt das Risiko trägt, dass die Reparatur teurer wird als nach dem Gutachten zunächst angenommen oder die Werkstatt eine aus Sicht der Haftpflichtversicherung des Schädigers zu hohe Rechnung stellt.

Der BGH hat bereits 2022 ein Grundsatzurteil dazu gefällt und bestätigt, dass nicht der Geschädigte, sondern  der Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) das sogenannte Werkstattrisiko zu tragen hat.  Der Geschädigte erhält also von der gegnerischen Versicherung den vollen Rechnungsbetrag der Werkstatt erstattet, wenn er die Rechnung bereits gezahlt hat und muss im Gegenzug seine Ansprüche gegenüber der Werkstatt an die gegnerische Versicherung abtreten, damit die gegnerische Versicherung weiter rechtlich mit der Werkstatt über die berechtigte Rechnungshöhe streiten und den angeblich unberechtigten Betrag zurückverlangen kann.

Heute hat der BGH in zwei Sonderfällen entschieden.

VI ZR 239/22

Die Geschädigte beauftragte die Klägerin, eine Kfz-Werkstatt, auf der Grundlage eines zuvor eingeholten Sachverständigengutachtens mit der Reparatur des Unfallfahrzeugs. Die Klägerin stellte der Geschädigten 5.067,15 € in Rechnung, woraufhin ihr die Geschädigte ihren Ersatzanspruch gegen den Unfallverursacher erfüllungshalber abtrat. Der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers erstattete die Kosten der Reparatur bis auf die Position „Arbeitsplatzwechsel“ i. H. v. 227,31 €. Er wendet ein, dass ein Arbeitsplatzwechsel tatsächlich nicht durchgeführt worden sei, weil die Klägerin selbst über eine Lackiererei verfüge und deshalb Verbringungskosten nicht angefallen seien.

Das Amtsgericht hat der Klage aus abgetretenem Recht auf Zahlung der restlichen 227,31 € stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Haftpflichtversicherers hat das Landgericht dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

VI ZR 253/22

Die klagende Geschädigte ließ das Unfallfahrzeug in einem Autohaus instand setzen. Der durch das Autohaus hierfür in Rechnung gestellte Betrag wurde von ihr noch nicht beglichen und von dem beklagten Haftpflichtversicherer des Unfallgegners nur zum Teil erstattet. Die mit der Klage geltend gemachte offene Differenz beträgt 1.054,46 €. Die Beklagte verwies auf einen Prüfbericht eines Drittunternehmens, der um diesen Betrag geringere Reparaturkosten ausweist.

Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten zur Höhe der objektiv erforderlichen Reparaturkosten eingeholt und auf dieser Basis die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere Reparaturkosten in Höhe von 389,23 EUR zu zahlen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin Erstattung der weiteren Reparaturkosten in Höhe von 665,23 €, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche auf Schadensersatz gegen das Autohaus aufgrund möglicherweise überhöhter Abrechnung.  (aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 136/2023)

Wie der Bundesgerichtshof in diesen beiden Fällen entschieden hat, ergibt sich aus der Presserklärung Nr. 007/2024, des BGH vom 16.1.2024

Urteile vom 16. Januar 2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22 und VI ZR 51/23

„Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist berechtigt, sein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur in eine Werkstatt zu geben und vom Unfallverursacher den hierfür erforderlichen Geldbetrag zu verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Der u.a. für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Kfz-Unfällen zuständige VI. Zivilsenat hat über fünf Revisionen entschieden, in denen sich in unterschiedlichen Konstellationen die Frage stellte, wer das Risiko trägt, wenn der Unfallverursacher einwendet, die von der Werkstatt gestellte Rechnung sei überhöht (sog. Werkstattrisiko).

Schon nach bisheriger Rechtsprechung liegt das Werkstattrisiko grundsätzlich beim Schädiger. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. In einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Nicht erfasst vom Werkstattrisiko sind Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mit ausgeführt worden sind. Der Geschädigte trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein und die Unfallbedingtheit der jeweiligen Fahrzeugschäden.

Der Senat hat nunmehr klargestellt (VI ZR 253/22), dass das Werkstattrisiko nicht nur für solche Rechnungspositionen greift, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Ansätze von Material oder Arbeitszeit überhöht sind. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch insofern findet die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt. Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten.

Der Senat hat ferner entschieden (VI ZR 51/23), dass der Geschädigte bei Beauftragung einer Fachwerkstatt grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt. Er ist daher nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dieser Grundlage zu erteilen. Aber auch wenn der Geschädigte ein Sachverständigengutachten einholt und die Auswahl des Sachverständigen der Werkstatt überlässt („Schadensservice aus einer Hand“), führt allein dies nicht zur Annahme eines Auswahl- oder Überwachungsverschuldens.

Die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen (VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23):

Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt nicht (vollständig) beglichen, ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht. Zugleich wäre der Geschädigte durch den Schadensersatz bereichert, wenn er vom Schädiger den vollen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag erhielte, gegenüber der Werkstatt aber die Zahlung eines Teilbetrages unter Berufung auf den insoweit fehlenden Vergütungsanspruch oder auf einen auf Freistellung gerichteten Gegenanspruch verweigerte. Demgegenüber wäre der Schädiger schlechter gestellt, als wenn er die Reparatur der beschädigten Sache selbst veranlasst hätte; denn im letzteren Fall hätte er als Vertragspartner der Werkstatt die Zahlung der zu hoch berechneten Vergütung verweigern können.

Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt. Wählt der Geschädigte bei unbezahlter Rechnung hingegen Zahlung an sich selbst, so trägt er und nicht der Schädiger das Werkstattrisiko. Er hat dann im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Reparaturmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden und dass die Reparaturkosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt nicht erforderlich sind. Schließlich steht es dem Geschädigten im Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO frei, vom Schädiger statt Zahlung Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber der Werkstatt zu verlangen. In diesem Fall richtet sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber der Werkstatt eingegangen ist, beschwert ist. Es ist also die Berechtigung der Forderung, von der freizustellen ist, und damit die werkvertragliche Beziehung zwischen Geschädigtem und Werkstatt maßgeblich.

Schließlich hat der Senat entschieden (VI ZR 38/22, VI ZR 239/22), dass sich die Option des Geschädigten, sich auch bei unbeglichener Rechnung auf das Werkstattrisiko zu berufen, nicht im Wege der Abtretung auf Dritte übertragen lässt (Rechtsgedanke des § 399 BGB). Denn der Schädiger hat insoweit ein besonders schutzwürdiges Interesse daran, dass der Geschädigte sein Gläubiger bleibt. Allein im Verhältnis zu diesem ist nämlich die Durchführung des Vorteilsausgleichs in jedem Fall möglich, weil der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und die im Wege des Vorteilsausgleichs abzutretenden (etwaigen) Ansprüche gegen die Werkstatt in einer Hand (beim Geschädigten) liegen. Im Ergebnis trägt daher bei Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht stets der Zessionar das Werkstattrisiko.“

Fazit:

Für Sie als Geschädigter bedeuten die neuen Entscheidungen in der Praxis, dass Sie sich im Zweifel bei der Unfallreparatur nicht für eine fiktive Abrechnung des Schadens, ohne Reparatur entscheiden sollten, sondern für eine Reparatur in der Werkstatt. Wenn Sie den Unfallschaden vollständig in einer Reparaturwerkstatt  beseitigen lassen, kann die gegnerische Haftpflichtversicherung Ihnen als Geschädigten keine Abzüge bezüglich bei der Höhe der Reparaturkosten entgegenhalten.

Die Haftpflichtversicherung des Schädigers muss die Reparaturkosten der Werkstatt, sofern sie dem Sachverständigengutachten entsprechen, in voller Höhe an den Geschädigten zahlen, wenn der Geschädigte im Gegenzug etwaige Regressansprüche gegen die Werkstatt an die Haftpflichtversicherung des Schädigers abtritt. Dann kann ein Streit über die berechtigte Höhe der Werkstattkosten zwischen der Haftplicht des Schädigers und der Werkstatt weitergeführt werden , ohne dass der Geschädigte dadurch belastet wird.

 

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

ADAC- Vertragsanwältin

 

Was ändert sich 2024 Verkehrsrecht?

Wie in jedem Jahr und auf allen verschiedenen Rechtsgebieten stehen auch im Verkehrsrecht für das Jahr 2024  einige Neuregelungen an, wobei viele davon noch nicht definitiv beschlossen sind.

  • Das betrifft z.B. einen Fahrtauglichkeitscheck für Senioren. Im Wesentlichen ist das eine Reformbestrebung in der EU. Wie die Ausgestaltung im einzelnen aussieht und ob Deutschland das auch umsetzt ist derzeit völlig unklar.

 

  • Sicher ist dagegen, dass ab 1. Oktober 2024 nur noch Reifen als Winterreifen anerkannt werden, die das“ Alpine-„ Symbol tragen. Ab diesem Datum dürfen bei winterlichen Straßenbedingungen keine Reifen weggefahren werden, die lediglich eine „M+S Kennzeichnung“ aufweisen.

 

  • In Österreich wird in 2024 eine Tagesvignette für Autobahnen eingeführt. Das 10Tages Pickerl kostet dann 11,50 € und die Tage svignette dann 8,60 €.

 

  • Bußgelder wegen Verkehrsverstößen deutscher Autofahrer in der Schweiz können demnächst auch in Deutschland vollstreckt werden sofern es um mehr als als 70 € Bußgeld geht.

 

Bitte beachten Sie, dass diese Zusammenstellung der Neuerungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Wir haben mir nur das zusammengetragen, was aus der Sicht unserer täglichen Praxis am interessantesten für Sie sein dürfte.

Wenn Sie dazu oder zu anderen verkehrsrechtlichen Problemen Fragen haben wenn sie sich gerne auch 2024 wieder vertrauensvoll an uns.

 

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Weihnachts – Spezial Verkehrsrecht : Weihnachten und Silvester feiern und den Führerschein im neuen Jahr trotzdem behalten !

Selbst erständlich ist der Alkoholkonsum in der Vorweihnachtszeit und über die Feiertage das größte Risiko für den Führerschein. Bevor wir weiter unten in diesem Blog fachanwaltliche Tipps geben, hier zunächst einmal noch einige eher unbekannte weihnachtliche Fehler, die man im Zusammenhang mit dem Auto machen kann und mit einem Bußgeldbescheid bezahlen müsste.

  1. Weihnachtsdekoration im Fahrzeug

warum eigentlich die Weihnachtsdekoration und Beleuchtung immer nur zu Hause am Balkon oder im Garten anbringen? Dieses Jahr schmücken wir mal unser Auto!

Das mag schön aussehen aber wir raten dringend davon ab.

Die Dekoration und die Lichter könnten andere Fahrer*innen ablenken und dadurch einen Unfall verursachen oder mitverursachen. Außerdem gibt es in der deutschen Straßenverkehrs- Zulassungs – 0rdnung ( § 49 a StVZO) Beleuchtungsvorschriften für Fahrzeuge und wenn man dagegen verstößt riskiert man ein Bußgeld von 120 € und einen Punkt  in Flensburg.

 

  1. Weihnachtsbaum im Auto transportieren

Bereits jetzt in der Adventszeit lassen sich die kuriosesten Transportideen deutscher Autofahrer für Ihre Weihnachtsbäume beobachten. Am häufigsten sieht man die Variante, bei der der stattliche Baum hinten aus dem Kofferraum ragt. Das ist zwar nicht grundsätzlich verboten, aber mehr als 1,50 m darf der Baum nicht aus dem Kofferraum hervorlugen. Ab 1 m Länge Überstand muss er mit einer roten Fahne markiert sein. Beim Transport mit offenem Kofferraumdeckel muss zusätzlich der Deckel mit einem Spanngurt gesichert werden und das Kfz- Kennzeichen, die Scheinwerfer, Blinker und Rückleuchten dürfen nicht verdeckt sein.

 

  1. Alkohol in der Weihnachtszeit

 Selbstverständlich unterscheiden sich die Bußgelder und Strafen für das Autofahren unter Alkoholeinfluss in der Weihnachtszeit nicht von denjenigen, die im gesamten Jahr gelten.

In den Grundzügen kann man dazu folgendes zusammenfassen, wobei wir Ihnen dringend raten unsere verkehrsanwaltliche Erfahrung und unsere fachanwaltlichen Kenntnisse zu nutzen und anzufragen, wenn sie unter Alkoholeinfluss von der Polizei beim Autofahren erwischt wurden.

  • 0,00 Promillegrenze

Für Fahranfänger in der Probezeit und Personen unter 21 Jahren gilt ein absolutes Alkoholverbot. Wer dennoch unter Alkoholeinfluss erwischt wird, dem drohen: 250 € Bußgeld, 1 Punkt in Flensburg, die Pflicht Teilnahme an einem Aufbauseminar und die Verlängerung der Probezeit.

Falls Sie es noch nicht gewusst haben sollten, auch Busfahrer und Taxifahrer, sowie Gefahrgutfahrer müssen sich an die 0,00 Promillegrenze halten. Ihnen drohen Geldbußen bis zu 10.000 bzw. 50.000 €.

  • 0,5 Promillegrenze

Autofahren mit 0,5-1,0 Promille, ohne weitere Verhaltensauffälligkeiten, also ohne dass man sie wegen unsicheren Fahrens oder Schlangenlinien oder ähnlichem anhält, führt beim erstmaligen Verstoß zu 500 € Bußgeld, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot.

  •  1,1 Promillegrenze

Mit mindestens 1,1 Promille gelten Autofahrer unter Alkoholeinfluss als absolut fahruntüchtig. Ab dieser Grenze handelt es sich nicht mehr um einen Bußgeldtatbestand, sondern um eine Straftat. In diesen Fällen ist es völlig egal, ob Sie Schlangenlinien gefahren sind oder sich noch fahrtüchtig fühlen und nur in eine allgemeine Verkehrskontrolle geraten sind. Der Führerschein ist, wenn sich eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille mindestens nachweisen lässt, in der Regel erst einmal zwölf Monate weg.

Das ist anders im Bereich zwischen der 0,3 und 1,09 Promillegrenze. Auch hier begehen Sie gegebenenfalls eine Straftat, allerdings nur, wenn zu der Alkoholkonzentration auch Verhaltensauffälligkeiten wie beispielsweise Schlangenlinienfahren oder Missachten einer roten Ampel oder ähnlichem dazukommen.

  • 1,6 Promillegrenze

spätestens ab dem Nachweis von 1,6 Promille muss die Fahrerlaubnisbehörde eine sogenannte MPU anordnen. Das bedeutet Sie bekommen nach Ablauf einer Sperrfrist in einem strafrechtlichen Urteil den Führerschein erst wieder, wenn sie eine MPU gemacht haben. Erkundigen Sie sich unbedingt, wenn sie, ein Strafbefehl akzeptieren oder wegen Alkohols verurteilt wurden, frühzeitig bei einem Anwalt für Verkehrsrecht danach ob sie in ihrem speziellen Fall eine MPU zu erwarten haben und ab wann sie mit den Vorbereitungen dafür beginnen können und sollten.

Aktuell setzt sich in der Rechtsprechung durch, dass auch bei Promillegrenze von 1,1-1,59 Promille eine MPU verhängt wird; und zwar dann, wenn sie keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen, wie zum Beispiel Lallen, Torkeln oder Schlangenlinien fahren zeigen. Die Rechtsprechung geht mittlerweile davon aus, dass ein Fehlen von alkoholtypischen Ausfallerscheinungen darauf schließen lässt, dass sie sehr Alkohol gewöhnt sind und wertet das deswegen als Anzeichen für ein Alkoholmissbrauch.

Oben hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass diese Regeln und Strafen selbstverständlich über das gesamte Jahr gelten. In der Weihnachtszeit fällt aber auf, dass davon vermehrt auch Autofahrer betroffen sind, die ansonsten nie mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden sind. Weihnachtsfeiern sind eine der häufigsten Ursachen für einen Start ins Neue Jahr ohne Führerschein.

Unser Tipp, bestellen Sie sich bereits vor Beginn der Weihnachtsfeier für einen bestimmten Zeitpunkt ein Taxi und stellen Sie Ihr Fahrzeug am Tag der Weihnachtsfeier auf einen so sicheren Parkplatz, dass es dort über Nacht stehen kann.

Sollten Sie einen Dienstwagen fahren, sind solche Vorkehrungen für den Fall alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit besonders wichtig, denn eine Alkoholfahrt mit dem Dienstwagen kann auch ganz erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht geben Ihnen dazu sehr gerne Auskunft.

Sollten Sie sich auf der Weihnachtsfeier in der Arbeitgeberrolle befinden, erlauben wir uns auf Ihre arbeitsrechtliche und versicherungsrechtliche Fürsorgepflicht hinzuweisen. Wenn sie erkennen können, dass einer Ihrer Arbeitnehmer, der über Dienstwagen verfügt, die Weihnachtsfeier so feucht fröhlich genossen hat, dass er nicht mehr in der Lage ist das Dienstfahrzeug sicher zu führen, sind Sie verpflichtet den Fahrzeugschlüssel abzunehmen und sicher zu verwahren. Darüber hinaus sollten Sie in der Weihnachtszeit regelmäßiger und häufiger als es vielleicht ihre Dienstwagen Regelung vorsieht, prüfen ob der einzelne Arbeitnehmer aktuell einen Führerschein hat.

 

Wir wünschen Ihnen allen eine fröhliche, gerne auch feucht –fröhliche Weihnachtszeit, bei der Sie unsere Hilfe leicht vermeiden können, wenn sie Alkoholgenuss und Autofahren strikt voneinander trennen.

In all den Fällen in denen das nicht gelingt stehen wir Ihnen gerne mit unseren Fachkenntnissen zur Verfügung.

 

Pia- Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Gebrauchtwagenkauf: OLG Stuttgart zum Kauf eines „Bastlerfahrzeugs“

Hiermit möchten wir Sie über eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart informieren, die für Käufer von Gebrauchtwagen von Interesse sein kann. Das Urteil betrifft die kaufrechtliche Gewährleistung und hat weitreichende Konsequenzen für Käufer und Verkäufer. Wir erklären Ihnen, was es mit diesem Urteil auf sich hat und welche Auswirkungen sich für Ihren Fall ergeben können.

 

Gewährleistung bei Gebrauchtwagenkäufen: Welcher Sachverhalt liegt zugrunde?

 

Im durch das OLG entschiedenen Fall hatte ein Privatmann von einem Gebrauchtwagenhändler ein gebrauchtes Fahrzeug gekauft. Laut Kaufvertrag befand sich dieses im Zustand eines „Bastlerfahrzeugs“. Außerdem war vermerkt worden, dass der Käufer das Fahrzeug im Rahmen einer Probefahrt besichtigt hatte und den Zustand ausdrücklich gebilligt hatte.

Nach einiger Zeit stellten sich jedoch einige Mängel ein. Das Fahrzeug ruckelte im normalen Betrieb und war somit nicht mehr fahrbereit. Dieses Problem wollte zunächst der Verkäufer beheben, weswegen sich das Fahrzeug im weiteren Verlauf drei Mal in seiner Werkstatt befand. Doch auch nach dem dritten Reparaturversuch stellte sich keine Besserung der Probleme ein. Stattdessen hatten diese sich in ihrer Erscheinungsform nur verändert.

Schließlich trat der Käufer vom Kaufvertrag zurück und verlangte vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises abzgl. Eines Wertersatzes für die schon zurückgelegten Kilometer Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs.

Der Verkäufer verweigerte jedoch jegliche Anspruchserfüllung und berief sich darauf, dass das Fahrzeug sich eben – wie geschuldet – im Zustand eines Bastlerfahrzeugs befinde, sodass schon kein Mangel im Rechtssinne bestünde. Außerdem sei jedenfalls ein Gewährleistungsausschluss erfolgt, sodass kein Rücktrittsrecht bestanden habe.

 

Gewährleistungsausschluss: Was besagt das Urteil?

 

Das Gericht stellte klar, dass in Fällen von Verbrauchsgüterkäufen Gewährleistungsbeschränkungen vor Mitteilung eines Mangels unzulässig sind. Der Passus im Kaufvertrag, wonach der Käufer den Zustand des Fahrzeugs akzeptiert, wurde als unwirksamer Gewährleistungsausschluss angesehen. Ähnliches galt für die Bezeichnung des Fahrzeugs als „Bastlerfahrzeug“. Das Gericht betonte, dass nicht der Wortlaut der Vereinbarung entscheidend ist, sondern der tatsächliche Wille der Parteien. In diesem Fall waren beide Parteien davon ausgegangen, dass das Fahrzeug funktionsfähig war, weshalb der Gewährleistungsausschluss nicht galt. Die ausdrückliche Bezeichnung im Kaufvertrag war in diesem Fall also unbedeutend, da mit „Bastlerfahrzeug“ nicht gemeint war, dass das Auto plötzlich fahruntüchtig werden könnte.

 

Mangelhaftes Fahrzeug: Was bedeutet das für Käufer?

 

Das Urteil zeigt, dass Käufer bei Gebrauchtwagenkäufen von Händlern eine starke Rechtsposition innehaben. Diese wurde durch die neue Rechtslage (in Kraft seit dem 01.01.2022) noch einmal verstärkt. Hiernach gelten sehr strenge Anforderungen an die Vereinbarung einer negativ vom Normalzustand abweichenden Beschaffenheit. So muss der Käufer auf jeden einzelnen Mangel vor Vertragsschluss ausdrücklich hingewiesen worden sein. Gewährleistungsausschlüsse sind in Verbrauchsgüterkäufen nur in begrenztem Umfang möglich. Die Verkäufer müssen nachweisen, dass Mängel nicht bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorlagen. Dies gibt Käufern mehr Sicherheit und die Möglichkeit, Mängel am Fahrzeug geltend zu machen.

 

Fazit

 

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart betont die starken Rechte von Autokäufern und zeigt, dass Gewährleistungsausschlüsse nicht pauschal gelten. Käufer von Gebrauchtfahrzeugen sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und im Falle von Mängeln nicht vorschnell auf Gewährleistungsausschlüsse vertrauen. Die aktuelle Rechtsprechung bietet Schutz und Unterstützung für Käufer, die ein mangelhaftes Fahrzeug erworben haben.

 

Wir hoffen, dieser Beitrag hat Ihnen geholfen, die aktuelle Rechtsprechung zur Gewährleistung bei Gebrauchtwagenkäufen besser zu verstehen. Bei Fragen oder rechtlichen Anliegen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung, damit wir Ihnen bei Ihren Anliegen rund um das Verkehrsrecht behilflich sein können.

Widerrufsjoker Tesla – Fahrzeuge

Ein sehr einfacher Fehler bei der, in Tesla – Kaufverträgen erforderlichen Widerrufsbelehrung, kostet Tesla derzeit viel Geld.

Tesla verkauft seine Fahrzeuge nicht über eine Händlernetz oder über Niederlassungen, sondern überwiegend online oder per Telefon und muss deshalb in den Kaufverträgen den Verbrauchern ein Widerrufsrecht einräumen.

Dabei hatte Tesla vergessen die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung der Kaufverträgen anzugeben. Das gibt Tesla – Käufern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit das Fahrzeug zurückzugeben und den vollen Kaufpreis zurückzuerhalten, ohne jeglichen Abzug für gefahrene Kilometer. (Urteil des LG Berlin vom 16.06.2023; Az. 38O111/23)

Wie und wann funktioniert das?

  1. Sie müssen das Fahrzeug als Privatmann (also Verbraucher) direkt von Tesla gekauft haben und nicht als Geschäftswagen.
  2. Der Kauf muss vor April 2023 liegen! Denn danach hat Tesla die Kaufverträge berichtigt.
  3. Sie müssen das Fahrzeug innerhalb der letzten 12 Monate und 14 Tage erhalten haben!
  4.  Der Kaufvertrag muss eine Widerrufsbelehrung enthalten, in der die Telefonnummer fehlt.

Angesicht des sehr hohen Wertverlustes von gebrauchten Tesla Fahrzeugen kann es wirtschaftlich interessant sein von einem Fachanwalt prüfen zu lassen ob man faktisch seinen neuen Tesla 12 Monate und 14 Tage kostenlos fahren konnte und dann gegen volle Erstattung des Kaufpreises das Fahrzeug an Tesla zurückgeben kann.

Wir prüfen das gerne für Sie und setzen ihre Ansprüche durch.

Radfahrer muss Abbiegeabsicht ankündigen, wenn er neben einem anderen Radler fährt

Gemeinsamer Fahrradausflug mit schweren Folgen

OLG Frankfurt am Main vom 16.6.2023, Az. 10 U 255/21

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte kürzlich einen Fall zu entscheiden, bei dem sich zwei Radfahrer zu einer Radtour verabredet hatten. Der Mann und die Frau fuhren auf dem Radweg nebeneinander. Plötzlich bog der rechts fahrende Radler nach links ab. Dadurch kam es zu einer Kollision mit der links neben ihm fahrenden Radfahrerin. Diese stürzte und verletzte sich schwer.

Die Geschädigte forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Die Privathaftpflichtversicherung des nach links abbiegenden Radlers berief sich darauf, dass der Mann vor dem Abbiegen durch Zuruf den Richtungswechsel angekündigt habe. Daher sei die Frau selbst schuld.

Das OLG Frankfurt am Main gab der Geschädigten recht.

Wenn einer von zwei nebeneinander fahrenden Radfahrern abbiege, muss er sich so verhalten, dass eine Kollision ausgeschlossen ist.

Das sei hier nicht geschehen. Abgesehen davon, dass der Mann nicht beweisen konnte, dass er die Abbiegeabsicht bereits verbal geäußert hatte, hätte er in dieser Fahrsituation anders handeln müssen. Da er rechts von der Frau fuhr, musste er deren Weg kreuzen, daher hatte er eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, eine Kollision zu verhindern. Er hätte also eindeutig und mit deutlichen Handzeichen seine Abbiegeabsicht erkennbar machen müssen. Ein Mitverschulden sei nicht erkennbar.

Lassen Sie sich von einer Versicherung nicht zu schnell die Schuld zuschieben.  Kontaktieren Sie bei Unfällen Fachanwälte wie uns, die Ihnen eine realistische Einschätzung der Schuldfrage und der Durchsetzung Ihrer Schmerzensgeldansprüche geben.

Dieselskandal BGH – Grundsatzurteile vom 26.6.2023 zum Schadensersatz bei Thermofenstern

Der Presse und verschiedenen Fernsehberichten war bereits zu entnehmen, dass der Bundesgerichtshof, also das höchste deutsches Zivilgericht, wichtige neue Entscheidungen zum Dieselskandal gefällt hat.

BGH stärkt Recht von Dieselkunden“(tagesschau.de) war beispielsweise zu lesen, oder

Diesel – Kläger habe Anspruch auf Schadenersatz“ (so titelte die Bild-Zeitung).

Unser Fachanwalt für Verkehrsrecht und Dieselskandal-Experte, Herr Rechtsanwalt Michael Borik, der bereits im Dieselskandal 1.0, Hunderte von Gerichtsverfahren erfolgreich geführt hat, ordnet hier das neue Urteil des Bundesgerichtshofs und seine praktische Bedeutung für Besitzer eines Dieselfahrzeugs ein:

Frage: „Herr Borik, wird es jetzt für Dieselfahrer tatsächlich leichter, ihr Fahrzeug zurückzugeben und Schadensersatz zu bekommen?“

Antwort: „Ja und Nein, oder wie wir Juristen sagen: „Es kommt darauf an“.

Tatsächlich hat der BGH in seinen jetzigen Urteilen die Hürde für Dieselklagen erheblich gesenkt.

Vor den neuen Entscheidungen verlangte der BGH für einen Schadensersatz der Dieselkunden den Nachweis einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung durch den jeweiligen Motorhersteller. Dieser Nachweis war extrem schwer zu führen.“

Frage: „Was hat sich denn jetzt für den Dieselkunden geändert?“

Antwort: „Nach der jetzigen Rechtsprechungsänderung des BGH, welche auf das EuGH-Urteil vom 21. März 2023 zurückzuführen ist, genügt jetzt bereits ein fahrlässiges Handeln der Motorhersteller“.

Frage: „Und was bedeutet das konkret für den einzelnen Dieselfahrer?“

Antwort: „Wenn der Dieselkunde nachweisen kann, dass im Fahrzeug zumindest fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung (z.B. ein Thermofenster) verbaut wurde, kann der durch die Abgasmanipulation verursachte Vertrauensschaden als sogenannter „Differenzhypothesenschaden“ i. H. v. 5-15 % des ursprünglich gezahlten Kaufpreises geltend gemacht werden und der Kläger kann das Fahrzeug behalten.

Daraus ergibt sich aber leider kein Automatismus, d. h. nicht jeder Dieselfahrer kann jetzt einfach per se vom Hersteller oder vom Verkäufer Schadensersatz i. H. v. 5-15 % Schadensersatz verlangen.

Vielmehr müssen die Ansprüche in jedem Einzelfall geprüft werden. Der Beweis, dass im betroffenen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung – z.B. ein Thermofenster – verbaut ist, muss durch den Dieselkunden geführt werden.“

Frage: „Ist das nicht schon längst geklärt, dass z.B. das Thermofenster eine solche unzulässige Abschalteinrichtung ist?“

Antwort: „Nein, ganz so einfach ist es leider nicht. Die Motorhersteller können im Einzelfall versuchen nachzuweisen, dass die konkret verbaute Abschalteinrichtung ausnahmsweise zulässig war. Nach der Entscheidung des BGH kann ein Schadensersatzanspruch daher immer noch daran scheitern, dass es entweder an dem Verbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung oder an einem erforderlichen Verschulden des Herstellers fehlt.“

Frage: „Nehmen wir einmal an, die Abschalteinrichtung ist im konkreten Fall unzulässig und fahrlässiges Verhalten des Motorherstellers ist nachgewiesen, was bekommt der Dieselkunde dann vom Hersteller?“

Antwort: „Sollte ein Gericht im Einzelfall zu dem positiven Ergebnis kommen, dass ein Schadensersatz bei fahrlässigem Verhalten des Motorherstellers zu bejahen ist, kann das Fahrzeug nicht mehr wie beim Dieselskandal 1.0 zurückgegeben werden. Bei Thermofenster kommt allenfalls ein bestimmter Schadensersatzbetrag in Geld in Betracht.“

Frage: „Und wie hoch ist ein solcher Schadensersatz?“

Antwort: „Der BGH hat in seinen aktuellen Entscheidungen einen Betrag zwischen 5 und 15 % des gezahlten Kaufpreises genannt. Innerhalb dieser Bandbreite obliegt die genaue Feststellung dem Tatrichter, der sein Schätzungsermessen ausüben kann, ohne sich vorher sachverständig beraten lassen zu müssen. Auf den gerichtlich geschätzten Betrag muss sich der Dieselkunde noch die sogenannte „Nutzungsentschädigung“ für die Zeit anrechnen lassen, in welcher er das Fahrzeug genutzt hatte.“

Frage: „Können jetzt auch noch Dieselkunden klagen, die bisher nicht geklagt haben oder sind die Ansprüche alle schon verjährt?“

Antwort: „Das kann man so pauschal nicht sagen. Es gibt so viele verschiedenen Fahrzeugmodelle und Dieselmotoren, dass jeder Fall einer genauen rechtlichen Analyse bedarf. Anwälte, die sich auf den „Abgasskandal“ spezialisieren, erkenne allerdings ziemlich schnell, ob und welche unzulässige Abschalteinrichtung das konkrete Fahrzeug des Dieselkunden eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweist und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass man dem Motorhersteller des betroffenen Fahrzeugs ein schuldhaftes Verhalten nachweisen kann“.

 

Vielen Dank für das Interview Herr Borik.

 

Wenn Sie eine Beratung von unserem Spezialisten Herrn Rechtsanwalt Michael Borik wünschen, benötigen wir zahlreiche technische Angaben zu Ihrem Dieselfahrzeug, insbesondere zum Fahrzeugmodell, zum Herstellungsjahr und der Erstzulassung etc.

Dazu ist es erforderlich, dass Sie zunächst unseren Fragebogen ausfüllen und an uns senden.

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Dieser Beitrag wurde erstellt von Noah Kappus

 

 

Neues zum Dieselskandal und Thermofenster:

Sie werden es der Presse vielleicht bereits entnommen haben: am 20.02.23 hat das Verwaltungsgericht Schleswig ein überraschendes und möglicherweise wegweisendes Urteil in Zusammenhang mit dem sogenannten Thermofenster gefällt.

1.Freigabebescheid des Kraftfahrtbundesamtes für ein VW-Update zum Motortyp EA 189 als unzulässig eingestuft.

Diesmal richtet sich das Urteil nicht direkt gegen einen der betroffenen Autohersteller, sondern gegen das Kraftfahrtbundesamt. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat den Freigabebescheid des Kraftfahrtbundesamtes für ein VW-Update zum Motortyp EA 189 als unzulässig eingestuft. Das Update betraf unter anderem die Thermofenster Problematik.

Bei einem Thermofenster wird die Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter 10 Grad abgestellt, womit Grenzwerte für saubere Luft überschritten würden. VW hat unter anderem in den Jahren 2008 und 2009 für 2.0 Liter-Motoren des VW Golf und Touran diese Abschalteinrichtung verwendet. Die Richter des Verwaltungsgerichts Schleswig halten diese Abschalteinrichtung, also das Thermofenster, für rechtswidrig. Die Richter des VG Schleswig folgten damit der engen Auslegung des EuGH und verneinten bereits die Frage, ob Abschalteinrichtungen notwendig seien. In der Begründung führen die Richter aus, dass der EuGH mit dem Begriff „Motor“ nur die Kraftmaschine an sich erfasst. Andere Bauteile seien nur relevant, wenn von deren Beschädigung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigungen oder Unfällen ausgehen und dies dann auch noch unmittelbare Bedrohung für die Betriebssicherheit beinhalte. Nach Auffassung der Richter des VG Schleswig bestehe eine solche Gefahr allerdings nicht.

2. Welche Auswirkungen kann dieses Urteil jetzt haben?

Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig. Es ist damit zu rechnen, dass das KBA Berufung einlegen wird. Möglich wäre auch eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht, wodurch die Rechtsfrage schneller höchst richterlich geklärt werden könnte.

Zunächst einmal hat die Entscheidung des VG Schleswig verwaltungsrechtlichen Charakter und keinen direkten zivilrechtlichen, weil es sich um das Verwaltungsgericht handelt und nicht um ein Zivilgericht.

Rein praktisch würde es aber, wenn es rechtskräftig würde, sowohl verwaltungsrechtliche Folgen mit sich ziehen, nämlich eine mögliche große Rückrufaktion von Diesel-Fahrzeugen, im Extremfall sogar deren Stilllegung. Dazu muss man wissen, dass die hier besprochene Entscheidung sich nur auf den Motor EA 189 von VW bezieht. Sollte sie rechtskräftig werden, könnte sie aber faktisch auch andere VW-Modelltypen sowie Audi, Seat und Skoda, ggfls. auch Mercedes und/oder Peugeot betreffen, also alle Autohersteller, die diese Abschalteinrichtung – Thermofenster – eingebaut haben. Das wird nicht von Heute auf Morgen sofort geschehen, so dass Sie als Diesel-Fahrer jetzt nicht in Panik ausbrechen müssen. Es ist aber in den nächsten Monaten eine sehr dynamische Entwicklung zu erwarten, die es mit sich bringt, dass Sie auch frühzeitig anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen sollten.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die deutsche Umwelthilfe, die UH, nach dem jetzigen gewonnen Urteil weitere Anfechtungsklagen gegen Bescheides des KBA einreichen wird, die vermutlich dann auch andere Autohersteller betreffen. Soweit man dies der Presse entnehmen konnte, will die UH erreichen, dass die Hersteller die Fahrzeuge mit Hardware nachrüsten. Ebenfalls aus der Presse konnte bisher entnommen werden, dass sowohl das Verkehrsministerium, als auch das KBA zunächst noch die Urteilsgründe des hier besprochenen Urteils abwarten wollen und dann das weitere Vorgehen prüfen wollen.

Sollte es im Rahmen eines Revisionsverfahrens dabei bleiben, dass die Freigabebescheide des KBA keinen Bestand haben, wäre vermutlich mit einer sehr großen Rückrufwelle, ähnlich der im VW-Diesel-Skandal in den Jahren 2016/2017, zu rechnen.

3. Stilllegung von Dieselautos?

Nach unserer Einschätzung und auch nach der des ADAC ist aber mit einer sehr kurzfristigen Rückrufreaktion oder Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge nicht zu rechnen

 

Sicher ist, dass die Kfz grundsätzlich auch mit einer manipulierten Abgas-Software verkehrssicher sind, so dass übereiltes Handeln bzw. die Vereinbarung von Werkstattterminen sofort nicht zwingend notwendig ist.

4.Europäische Gerichtshof hat für den 21.03.2023 eine weitere Grundsatzentscheidung angekündigt.

Die Dynamik, die in die gesamte Diesel-Skandal-Problematik noch einmal kommen wird, ist auch darin begründet, dass der Europäische Gerichtshof für den 21.03.2023 eine weitere Grundsatzentscheidung angekündigt hat im Verfahren – Rantos III -.

Wir warten gespannt auf dieses Urteil, denn dieses könnte erhebliche Folgen haben.

In diesem Verfahren vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass die Verletzung von Abgasvorschriften bereits eine Verpflichtung zum Schadenersatz wegen Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 823 Abs. 2 BGB mit sich bringt. Sollte der EuGH diese Auffassung des Generalanwalts teilen, müssten Autohersteller nicht mehr vorsätzlich sittenwidrig gehandelt haben, sondern nur fahrlässig, um schadenersatzpflichtig zu werden.

Das könnte eine neue Klagewelle auslösen.

 

Wir werden Sie unmittelbar, sobald das Ergebnis dieses Verfahrens bekannt ist, in diesem Blog darüber unterrichten.

  1. Bundesgerichtshof hat Grundsatzentscheidung für den 08.5.2023 angekündigt.

Der Bundesgerichtshof hat mittlerweile in Erwartung dieser EuGH-Entscheidung eine Grundsatzentscheidung angekündigt für den 08.05.2023, ebenfalls zu der Frage des sogenannten Thermofensters.

 

Verfolgen Sie gerne weiterhin unseren Blog auf unserer Seite, wir werden Sie über die neuesten Entwicklungen im Diesel-Skandal auf dem Laufenden halten und beraten Sie gerne im Einzelfall.

 

Pia Kappus                       Michael Borik

Fachanwältin für             Fachanwalt für

Verkehrswert                   Verkehrsecht

Was ändert sich 2023 im Verkehrsrecht?

Eine ausführliche Zusammenfassung der Änderungen finden Sie auf der ADAC Homepage unter folgendem Link: https://www.adac.de/news/neu-in-2023/

Unsere ADAC-Vertragsanwältin Pia Kappus weist vor allem auf folgende Änderungen hin:

  1. Masken im Erste Hilfe Kasten

Vermutlich zum 01.02.2023 oder zu einem etwas späteren Zeitpunkt werden die Polizisten Sie bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle auch danach fragen, ob Sie in Ihrem Verbandskasten 2 Gesichtsmasken haben. Die Pandemie hinterlässt also weiterhin ihre Spuren. Wir raten Ihnen, Ihren Erste Hilfe Kasten entweder mit zwei Masken nachzurüsten oder sich einen neuen Erste Hilfe Kasten anzupassen. Es gibt zwar die Regel, dass Autofahrer Verbandskästen der bislang gültigen Ausgaben der DIN 13164 Januar 1998 und Januar 2014 weiterverwenden dürfen und nicht um zwei Masken ergänzen dürfen. Das hilft allerdings nichts, wenn das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen ist. Wenn Sie auf Nummer Sicher gehen wollen, kaufen Sie einen neuen Verbandskasten. Ein nicht vorhandener oder unvollständig ausgerüsteter Verbandskasten kostet 5,00 € Verwarngeld. 10,00 € Verwarngeld muss der Halter zahlen, wenn er einem anderen Fahrer das Fahrzeug ohne einen oder mit einem unvollständigen Verbandskasten überlässt.

  1. Abschied vom rosafarbenen oder grauen Führerschein

Wer zwischen 1959 und 1964 geboren ist und noch einen grauen oder rosafarbenen Papierführerschein besitzt, muss das Dokument bis zum 19.01.2023 in einen fälschungssicheren Checkkartenführerschein umtauschen. Wer dann noch mit dem alten Führerschein fährt, erhält ein Verwarngeld von 10,00 € und muss in der Folge nachweisen, dass er den Führerschein umgetauscht hat. Ab dem 19.01.2024 trifft es dann die Führerscheininhaber aus den Geburtsjahrgängen 1965 – 1970.

Pia – Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht

ADAC Vertragsanwältin

Ein echter Aufreger? – OLG Frankfurt zu Nutzungsentschädigung bei Kollision mit Porsche

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

es war einer der Aufreger der letzten Wochen und Sie haben es sicherlich der Presse entnommen; die Schlagzeile lautete eigentlich immer gleich: Porsche-Fahrer verlangt für das Fahren mit einem Ford Entschädigung. Unterschwelliger Vorwurf war natürlich, dass sich „der gehobene Herr“ wohl zu fein für die Nutzung eines Mittelklassewagen sei. Dabei zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass der Fall – zumindest in der rechtlichen Bewertung – wenige Neuigkeiten, aber dennoch einige altbekannte Schwierigkeiten bereithält.

Aus juristischer Sicht stellt man schnell fest, dass das Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az. 11 U 7/21) einer gefestigten Rechtsprechung folgt.

Der Kläger machte für den Ausfall seines Porsches nach einem Verkehrsunfall Nutzungsausfallentschädigung geltend. Er führte an, er habe zwar ein Motorrad und weitere vier PKWs, jedoch würden zwei davon von Familienmitgliedern genutzt und eines zu einem Rennfahrzeug umgebaut sein. Lediglich ein PKW der Marke Ford stünde ihm zur Verfügung. Dieser sei aber nicht für den Arbeitsweg geeignet, da er einerseits nur für Urlaubsfahrten und zum Transport schwerer Gegenstände angeschafft worden und zum anderen durch seine „Sperrigkeit“ auch nicht für den Innenstadtverkehr ausgelegt sei.

Das OLG erläutert noch einmal grundlegend die Position der Rechtsprechung zur Nutzungsausfallentschädigungsproblematik: Grundsätzlich sei auch der durch Wegfall der Nutzungsmöglichkeit entstandene Schaden zu ersetzen. Der Kläger solle auch nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass er gerade keinen Ersatzwagen angemietet habe. Diese Ersatzpflicht entfalle jedoch, wenn der Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar sei.

Die Möglichkeit der Nutzung eines Zweitwagens bestand hier zweifelsfrei. Es blieb somit für das Gericht nur zu untersuchen, ob es dem Kläger auch zumutbar war, einen Ford im Innenstadtbereich zu fahren. Wenig überraschend kommt das Gericht dazu, dass die reine „Sperrigkeit“ und die Anschaffung als Urlaubs- und Lastenwagen nicht die Zumutbarkeit einschränken. Es verwehrt somit folgerichtig dem Kläger die Nutzungsausfallentschädigung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Porsche oder ein sonstiges Fahrzeug verunfallt ist, sondern allein auf die reale Nutzbarkeit und Zumutbarkeit eines Zweitfahrzeugs.

Lassen Sie sich bei Fragen rund um die Geltendmachung von Nutzungsausfallentschädigung gerne von unseren Anwälten beraten. Vor allem die genaue Angabe der Nutzung der auf Sie zugelassenen Fahrzeuge durch andere Familienmitglieder oder Bekannte ist hier von entscheidender Bedeutung.